Mein Bauch gehört mir - sexuelle Befreiung und
ihre Folgen
Gedanken einer emanzipierten Frau im lustvollen
Beziehungsgeschehen
Ich war nie schwanger und auch nie ungewollt schwanger, es sei
denn dieser eine Tag mit Pille danach zählt dazu. „Mein Bauch
gehört mir“ war die „Kampfparole“ von Frauen für das Recht auf
Abtreibung. „Mein Bauch gehört mir“: eine der Forderungen der
Frauenbewegung. Eine Bewegung von Frauen, die sich mit den
Folgen von Sexualität allein auseinandersetzen wollten.
Die Bewegung von Frauen, die Verhütungsmittel nahmen, die
gerade erst auf den Markt kamen. Frauen, die damit endlich aus
der Ehe als einzige Versorgungsgarantie für Mütter und Kinder
heraustreten konnten.
War die Frauenbewegung sexfeindlich, wie einige Alphamänner
behaupten?
Ich glaube nicht, ich glaube Frauen wollten damals wie heute
selbstbestimmt leben und auch Sex erleben.
Es ist das gute Recht einer denkenden Frau, sich nicht in ein
Beziehungsleben einbinden zu lassen, das für sie eine
untergeordnete Rolle vorsieht.
Ich schreibe diese Zeilen nicht, weil ich etwas gegen die
Frauenbewegung habe. Ganz im Gegenteil, ich bin unendlich
dankbar, dass ich 1964 geboren andere Möglichkeiten hatte als
unsere Mütter sie hatten. Und ich schreibe nicht über
Abtreibung, weil diese Debatte bereits geführt ist und nichts
zu meinem Thema dazu tut. Es ist der Satz, der mich reizte
nachzudenken. Mein Bauch gehört
mir.
Mein Bauch gehört natürlich mir, wem sonst? Aber ist das ein
gutes Argument, die Folgen von Sexualität und Lusterleben als
Frau nur mit mir selbst auszumachen?
Ich kenne so viele Frauen, die emanzipiert bleiben bis zur
Partnerschaft aber spätestens bei der Mutterschaft wieder in
den Versorgungsbetrieb zurückfallen, in dem der Mann eben doch
besser Geld verdient, weil er die Care-Arbeit halt nicht so
richtig sieht und kann.
Ein Versorgungsbetrieb, in dem nach wie vor weder Frauen noch
Männer einen guten Platz gefunden haben nach meiner
Wahrnehmung.
Ich glaube die Frauenbewegung hat das Thema Hormone und Lustempfinden einfach ausgeklammert und sich zurück gezogen auf eine Position, die da heißt, meine Sache. Mein Bauch gehört mir, meine Lust auch. Da rede ich nicht öffentlich drüber, komme ich alleine klar, wäre ja noch schöner, da diese Männer, um Rat zu fragen, wie wir das machen mit den Bauchgefühlen.
Sexuelle Befreiung und mangelndes
Bauchgefühl
Die sexuelle Befreiung der Frau ist
eine unglaublich gute Sache. Verhütungsmittel zu haben und
Sexualität auszuleben, ohne an Nachkommenschaft denken zu
müssen ist ganz sicher eine wichtige und schöne Errungenschaft.
Ich schreibe diese Zeilen als Hetero Frau und bitte meine
lesbischen Freundinnen um Verzeihung, weil ich ihre
Lebenswirklichkeit nicht beschreiben kann und deshalb einfach
weglasse. Mir ist völlig klar, dass diverse Sexualität zu
anderen Erkenntnissen führen kann.
Ich schreibe als Frau, die nie schwanger war, nie geboren hat
und als inzwischen alleinerziehende Pflegemutter Muttergefühle
kennt, die ihr Körper aber nicht produziert hat, sondern ihr
Herz.
Und ich schreibe persönlich und bin gespannt, ob meine Ideen
vielleicht Allgemeingültigkeit haben.
Sexuelle Befreiung als Geschenk von
Verhütungsmitteln?
Habe ich die sexuelle
Befreiung als Singlefrau genossen? Da in den 80 er
Jahren?
Da ich immer Probleme mit Verhütung hatte, kann ich sagen,
nein.
Das Narrativ „Pass auf, dass du nicht schwanger wirst“ wirkte
ebenso wie der Satz „Mein Bauch gehört mir“ nicht lustfördernd
in meiner Biographie. Im Grunde ist das ein furchtbar einsamer
Satz, „mein Bauch gehört mir“.
Lust zu erleben hat etwas mit Begegnung zu tun. Hormone
ausschütten ohne gute Begleitung ist zwar möglich, aber meiner
Meinung nach nicht erstrebenswert.
Ich glaube sogar, wenn Sexualität zur eigenen Befriedigung
inszeniert wird, geht das gute Bauchgefühl verloren. Viel
schlimmer ist es aber, dabei in Rollenmuster als Frau schlüpfen
zu müssen, die nach wie vor leider viel zu oft „Hure“ oder
„Heilige“ heißen.
Gefangen in alten Beziehungsmustern
Da
sind sie also heute - diese klugen, erfahrenen Frauen, die eine
Ausbildung machen, sich in Männerberufen zurechtfinden,
Karriere machen und sich nicht über Männer definieren (müssen).
Chapeau liebe Geschlechtsgenossinnen, genauso sollten wir aufwachsen und unsre Töchter (und Söhne) erziehen. Genau das ist die großartige Leistung der Frauenbewegung, vor der ich mich nach wie vor verneige.
Man muss nicht viel über Hirnforschung und Hormone wissen, um
zu erkennen, dass Mädchen durch die Pubertät hindurch
lernbereiter und aufnahmefähiger sind als Jungen. Wo hingegen
Jungen mit Testosteronschüben derart geplagt sind, dass eine
jegliche Kurve zu Erektionen führen kann.
Laut Vera Birkenbihl haben Jungen bis zum Alter von 22 Jahren
damit zu kämpfen, ihre Hormonschübe einzuordnen, bevor sie
wieder an anderes denken zu können als ihren
Fortpflanzungstrieb.
Eine ziemlich kluge Einsicht von Biologen und Hirnforschern-
(und – innen), das nicht zu kriminalisieren, sondern biologisch
festzustellen.
Nur hat leider trotz Frauenbewegung und sexueller Befreiung ein
guter Umgang mit überbordender männlicher Sexualität bis heute
kaum stattgefunden.
Als Heteromädchen hatte ich doch in meiner Pubertät (80 er
Jahre) nach wie vor nur zwei Möglichkeiten im Umgang mit Jungs.
Sei als Mädchen Gegenüber und lebe das mit einem Jungen aus,
der wahrscheinlich selten mich meint, sondern eher seinen
Trieb. Oder lebe keusch und verteufle nach wie vor sein und
dein Lust-erleben. Die Frauenbewegung hat damals keine
guten Erklärungen gefunden, wie wir verantwortlich mit Lust und
Trieben umgehen. Manches hat sich meiner Wahrnehmung nach sogar
verschlimmert durch die feministische Argumentation.
Scham und Prüderie
In den Anfängen meiner
Zeit als Jugendarbeiterin war die gemeinsame
geschlechterübergreifende Jugendarbeit durchaus mal körperlich
erlebbar. Es war uns ein Anliegen gegen die Prüderie zu leben,
die solche unglaublichen Verhaltensmuster produzierte, die in
der Schamecke dann doch heimlich gewalttätig und
frauenverachtend formuliert wurden. Also wollten wir es anders
machen. Gemeinsam duschen oder Saunagänge waren erlaubt und
wurden begleitet von Erwachsenen, die nicht heimlich sondern
offen über Lust redeten und neue Sprache dafür suchten. Das war
kein schamloses übergriffiges Erleben, es war der Beginn einer
neuen Denkweise, die leider sich nicht durchgesetzt hat.
Die bürgerlichen Entscheidungsgremien in Kirche und
Gesellschaft waren erbitterte Feinde einer solchen
Vorgehensweise. Und so ging es zurück in die Ecke, die heute
mit der Etikette „Prävention vor Missbrauch“ nach wie vor eine
falsche Prüderie lebt. Ich weiß das ist ein hartes Urteil, aber
ich erlebe es genauso. Niemand spricht offen aus, was
Lusterleben sein kann. Wir vermeiden deutliche Worte immer noch
und belassen sie damit dem Pornomilieu und dem Stammtisch.
Sexueller Missbrauch ist ein Verbrechen, aber es mit Prüderie
aufzuarbeiten ist es auch. Das hilft den Betroffenen nur
wirklich nicht. Wann wird es uns gelingen, offen über
Missbrauch zu sprechen und alles dagegen zu tun, weil wir
selbst offen genug dafür sind? Ich hoffe bald.
Scham ist ein hohes Gut, falsche Prüderie ist Gift für eine
gute sexuelle Entwicklung von Männern und Frauen. Davon
bin ich überzeugt.
Der Bauch und die Reizüberflutung
Der
Bauch ist der Sitz der Seele, da ist spürbar, was guttut und
was nicht.
Das Hirn kann sich sowas nicht ausdenken und der Unterleib
reagiert auf hormonelle Reize.
Und dazwischen schlagen Herzen und spürt ein Bauch, was guttut
oder eben nicht.
Reizüberflutung ist keine sexuelle Offenheit, sie ist wie
Schaulaufen in einer Peepshow die keiner wirklich mag. Es ist
unsinnig da von Befreiung zu reden, es ist Verwirrung in hohem
Maße. Die sexuelle Offenheit heute in einer pornografisierten
Welt ist keine Befreiung, sie ist entgrenztes Unvermögen,
Sexualität gesund zu leben. Es gibt nach wie vor keinen guten
Raum, in dem man offen Sexualität als ein Grundbedürfnis
aussprechen oder ausleben kann.
Der „gute Rahmen der Ehe“
Versorgung war
den Frauen vor der Frauenbewegung wichtig. Also suchte man sich
einen Ehemann. Es gab keine gute andere Möglichkeit für Frauen,
sonst Kinder zu bekommen oder Sex zu haben. Die anderen Frauen
waren verpönt als „Huren und Schlampen.“
Frauen fügten sich ein, in das Modell der Ehe, die kirchlich
gesegnet, gesellschaftlich verordnet dafür sorgte, dass Männer
und Frauen gut für die kommende Generation sorgten. Männern
wurde ihr Trieb immer zugestanden, außer im Zölibat. Die
Kirchenoberen wollten auch Männer in Ehe lenken, damit Ordnung
herrscht. Und was für eine Ordnung das war, können wir unsre
Mütter und Großmütter gerne fragen. Nachkommen zu zeugen war
eben wichtiger, als andere Beziehungsformen zu wagen. Die
Frauen waren Beiwerk, bis sie sich rausbewegten aus
patriachalen Strukturen. Ich bin so froh, dass wir diese Zeiten
hinter uns haben.
Hure oder Heilige
Ich vermute aber auch,
dass bis heute niemand neue Beziehungsformen wirklich gefunden
hat.
Frauen machen Beziehung, ist häufig zu lesen. Und ich fürchte
das stimmt auch. Was ich aber noch mehr fürchte ist die
Tatsache, dass sie es nach alten weißen Männervorstellungen
tun.
Da gibt es immer noch die alten Muster der Hure oder der
Heiligen.
Ich ahne das geht heute immer noch so. Viele Männer stellen
sich immer noch die Frage.
Habe ich eine liebevolle echte Beziehung mit einer Frau, die
meine Kinder gut aufzieht aber dann eben nicht mehr so lustvoll
mit mir umgeht? Manche leben mit der einen, weil es so
praktisch ist sich gut versorgen zu lassen, auch wenn die Lust
verloren geht. „Man(n) kann ja nicht alles haben.“ Und dann
sind da noch die anderen Frauen, die das Etikett „Hure“ tragen,
die sexuell offensiv sind und damit für Männer gefährlich, weil
sie das Potential haben zu manipulieren.
Ich sage nicht, dass Frauen so sind, ich behaupte, dass Männer
uns so sehen, nach wie vor.
Mir ist auch sehr bewusst, dass ich als Frau Männer so sehe.
Wahrscheinlich ist beides überzogen. Ich suche wirklich nach
Alternativen für beide Geschlechter.
Ich erlebe Frauen, die hoffen, dass sie den einen finden, mit
dem sie nicht in einer Ehe landen, in der die Carearbeit wieder
ein Machtkampf nach ganz alten Mustern ist. Sie suchen
Partnerschaften, in denen die Kinder zusammen versorgt werden.
Oder erziehen lieber alleine, in jedem Fall sorgen sie sich
lieber selbst um Verhütung, wenn sie noch lustvoll sind.
Oder sie tauschen die Karriere gegen Kinder. Es ist nach
wie vor ein weiter Weg zu gutem Elternsein und guter gelebter
Sexualität als Paar mit Kindern. Das ist meine
Beobachtung.
Wenn Beziehungen gelebt werden, die andere Erfahrungen machen,
ich bitte um Berichte.
Ich würde so gerne meine Thesen nicht bestätigt bekommen.
Die Kinder in neuen „Ehen“
Und nochmal zu den Kindern – der schwangere Bauch gehört eben
nicht nur einer Frau, die schwanger wurde, sondern trägt auch
die Verantwortung eines Erzeugers, der dieses Kind mit hat
entstehen lassen. Kindererziehung ist eine der vielen
Care-Aufgaben, die wir eben nicht den Frauen überlassen
sollten, nur weil sie eine andere Wahrnehmung haben, wer wann
was braucht.
Es ist das Muttergen, das auch ohne Geburt voll durchschlägt,
wie ich es erfahren durfte.
Und wie oft übernehmen dann doch die Frauen wieder diese
Arbeit.
Sicher können Männer Kinder erziehen, sie können genauso gut
für das Heim sorgen. Sie sind nur völlig anders beansprucht und
sozialisiert durch diese Care-Aufgaben als Frauen. Und sie
werden anders wahrgenommen als Frauen. Nach wie vor.
Weil Männer nicht in selbem Maße sich in Hausarbeit und
Kindererziehung eingefunden haben, wie die frauenbewegten
Partnerinnen, die selbstverständlich typisch männliche Arbeit
mit übernehmen. Ein Klischee, ich weiß. Aber die
schlichte Frage an Karrierefrauen, ob ihre Männer kochen und
putzen können und zwar in gleichem Maße und mit der gleichen
Selbstverständlichkeit wie sie selbst, führt leider immer noch
zu diesem Ergebnis. (Ich hoffe, das hat sich geändert mit
der nächsten Generation, Frauen meines Alters haben wenig
andere Erfahrungen gemacht.)
Manchmal denke ich, der Normalfall einer Erziehungsgemeinschaft
sollte sein, sich genau für diese Zeit zum Wohle des Kindes
arbeitsteilig festzulegen und danach eigene Wege zu suchen,
entweder als Paar oder eben auch nicht mehr. Das sollte kein
Scheitern miteinander sein, so ein Erziehungsleben, sondern
Priorität haben, bis ein Kind mündig ist. Völlig unabhängig von
Partnerschaft. Erziehungsgemeinschaft sollte ein unkündbarer
Vertrag werden, bis die Kinder selbstständig sind.
(Selbstverständlich hätten die Väter dabei die gleichen Rechte
und Pflichten.)
Das wäre meine Lieblingsvorstellung von einem neuen
Beziehungsvertrag, der nicht alles auf einmal regeln
möchte.
Das Ende der alten Ehemuster
Was ist die
Alternative im Beziehungsleben von Männern mit Frauen?
Nach vielen Chatgesprächen kann ich sagen, zu viele Männer
leben lustvoll vor sich hin und besprechen es nicht mit der
Frau, die Mutter wurde, was da geschehen ist mit dem
Hormonhaushalt nach der Geburt. Der Umgang mit der
heiligen Mutter ist so unglaublich tabuisiert, was das
Sexualleben von beiden angeht.
Wie es diesen Müttern wohl geht mit dem eigenen Lusterleben?
Ich kann darüber nichts aussagen, ich vermute aber, wenn die
Belastung geringer wäre, würde dieses Thema auch wieder
aufflackern. Leider erlebe ich anderes.
Viele Frauen denken, was er zuhause nicht kriegt, weil der
Alltag uns auffrisst, holt er sich sicher woanders.
Und noch verrückter: Männer fürchten nach wie vor bei einer
lustvollen Frau, dass sie eben doch nur eine „Hure“ ist, die
sicher das, wenn ich es ihr nicht biete, bei anderen Männern
sucht und findet.
Unglaubliche Vermutungen sitzen nach wie vor in Männer- und
Frauenhirnen.
Oft gehört und oft bedauert.
Lustfeindliche Denkmuster sind das.
Zahllose „Witze“ über die „Alte“ zuhause oder die „MILF“ im
Porno sind inzwischen bühnenfähig.
Genauso heftig die Sprüche über „Männer“ unter Frauen.
Warum können Frauen nur heilig oder lustvoll sein? Wie findet
das alles seinen Platz in gleichberechtigter Beziehung ob mit
oder ohne Kinder?
„Besitzdenken“ und „verloren oder fremd gehende Lust
aufeinander“ sind das Ende so vieler Ehen heute.
Alte Vorstellungen, die immer noch wirken, obwohl sich niemand
mehr versorgen muss oder halt „zusammen bleibt“ wie unsre
Vorfahren. Das halte ich für einen Fortschritt, den ich begrüße
und nicht bedauere. Niemand muss halt zusammenbleiben,
aber alle dürfen es. Wohl dem, dem es mit gutem
Bauchgefühl gelingt.
Für die anderen stelle ich aber die Frage:
Wieso besitzen wir uns entweder oder fürchten uns oder unsere
Lust aufeinander zu verlieren?
Begehren ist ein wunderbarer Zustand, aber das ist eben nicht
exklusiv und ewig mit derselben Person verbunden. Das ist uns
doch hoffentlich allen klar. Ich gratuliere den Paaren, die
sich das erhalten haben. Aber ich fürchte es sind wenige.
Für alle anderen gilt es neue Wege zu suchen, die zueinander
führen können aber nicht müssen.
Reguliertes Eheleben und Lust
Liebe Frauen, wir
können Testosteron nicht wegdiskutieren. Wir können uns keine
„kastrierten“ Männer zurecht denken und das Thema Lust halt mal
auslagern, damit die Familie funktioniert,
damit wir unsre Beziehungssehnsucht und Karrierepläne unter
einen Hut kriegen, der Alltag aufgeteilt und ggfs. die Kinder
miteinander erzogen werden.
Vor allem sollten wir nicht versuchen, uns dann noch alleine,
um ein erfülltes Sexualleben zu bemühen, damit der Kerl sich
zufriedengibt und nicht fremd geht und dabei
abhandenkommt.
Es ist ähnlich wie in der Pubertät – das Phänomen Testosteron
ist doch nicht durch Schuldzuweisung zu lenken oder zu
regulieren? Mag sein, ich irre mich da mit der biologischen
Zuweisung von sexueller Energie von Mann und Frau. Es ist auch
unerheblich, ob das geschlechtsspezifisch oder aufgrund der
seelischen Belastung durch die dauernde Carearbeit der sich
kümmernden Frau entstanden ist. In jedem Fall erlebe ich Frauen
da in der Defensive und Männer heimlich offensiv.
Ich wünsche mir lustvolle Menschen, die Sexualität leben
können.
Doch wie leben wir gesunde Sexualität als erwachsene
Menschen?
Wo ist sie, die sexuelle Befreiung der Frau?
Wo ist der Freiraum für das, was uns Frauen befriedigt?
Ich persönlich mag das nicht ohne gelebte Sexualität denken,
auch wenn viele Frauen angesichts der möglichen Alternative
lieber den lustlosen Weg einschlagen und sich mit anderem
arrangieren.
Ich glaube, wir sollten unsre Libido weder überschätzen noch
unterschätzen.
Und ein Gespräch mit einer Fachärztin wird sicher auch das im
Sinne eines guten Bauchgefühls einordnen lassen. Hormonstatus
ist da wohl der medizinische Fachbegriff.
Was vergeben wir uns an Chancen, indem wir Frauen Verhütung
regeln und nicht über die psychischen Folgen von Mutterschaft
sprechen. Und ganz nebenbei; Menstruation bedeutet nichts
anderes, als sich innerlich auf Mutterschaft einzustellen und
es danach wieder sein zu lassen. Niemand spricht darüber, es
ist peinlich nach wie vor und was das im Erleben einer Frau ob
mit oder ohne Kinderwunsch macht, ist tabuisiert. Unser Körper
ist ebenso wie beim Manne auf Fortpflanzung eingerichtet und
das macht was mit uns. Monat für Monat. Kinderlosigkeit ist
nicht einfach eine Kopfentscheidung, sich einfinden in
Beziehungsmuster aus der Steinzeit ist allerdings auch keine
Lösung. (Die ungewünscht kinderlosen Frauen habe ich noch gar
nicht erwähnt… )
Und liebe Männer, doch ein kleiner Satz für euch, mit
spätestens 22 Jahren könnt ihr das biologisch im Griff haben,
weil ihr ausgereift seid und in der Lage das Hirn
einzuschalten. Wer danach weiter vor sich hin pubertiert, kann
keine gleichberechtigte Beziehung voller Lust erwarten. Kein
Mann hat das Recht, sich wegen Hormonschüben wie eine offene
Hose zu benehmen.
Und keine Frau sollte deswegen aufhören (müssen), ihren
Unterleib zu spüren. Meine bescheidene Meinung zu dem Thema
sexuelle Offenheit von Männern und Frauen.
Ich verbiete niemandem die Keuschheit, ich verbiete aber auch
keinem lustvolles Leben außerhalb der Norm Ehe. Weil es
nicht natürlich ist, sich ein Grundbedürfnis des Körpers zu
versagen. Und es trotzdem das gute Recht ist zu sagen,
ich verzichte im Moment auf Sexualität. Nur eben sollte es dann
ein gutes Recht sein und keine Zwangslage.
Weg vom Versorgungswahn – sexuelle Befreiung in freier
Wildbahn
Welche neuen Beziehungsmodelle entwickeln beide Geschlechter,
um dem alten Versorgungswahn zu entkommen? - wenn der
Fortpflanzungstrieb nun mal gemeinsame Sorge für Nachkommen
anlegt?
Ich habe nie Kinder bekommen und mein Bauch gehört mir. Aber
ich habe ein ungutes Bauchgefühl jedes Mal, wenn ich meine Lust
spüre und keine Möglichkeit finde, sie im geschützten Raum
einer Beziehung auszuleben.
Die sexuelle Befreiung – die endlich raus aus der Höhle führte-
findet in freier Wildbahn statt; oder in anonymen Chaträumen,
in denen ich Jahre meines Singlelebens nach missglückter Ehe
verbracht habe. Testosteron pur, kann ich da nur sagen. Ich
kenne fast keinen anderen männlichen Beweggrund in Chats als
Sexsuche. Und Frauen passen sich an. Wenige Frauen mit
großer Libido spielen Schlampe für den Kerl. Die anderen
„nerven“ mit Beziehungsdiskussionen oder Banalitäten. Oder
schimpfen über Männer, zumindest wenn sie hetero sind. Niemand
hat ein gutes Bauchgefühl dabei. Und wir nennen es freie
tabulose Welt.
Schamlosigkeit, Vergleich und
Selbstverletzung
Schamlosigkeit halte ich für ein
gutes Gefühl und ich liebe es, wenn ich über Lust offen reden
oder sie leben kann. Schamlosigkeit in der sexuell befreiten
Welt macht aber nach wie vor kein gutes Bauchgefühl.
Ich schiebe das nicht den Männern zu, dieses ungute Gefühl. Na
klar gibt es Arschlöcher, die sich wie offene Hose benehmen.
Aber die mach ich mal nicht zum Maßstab.
Ich halte Prävention vor sexuellem Missbrauch für enorm
wichtig, aber sie hat das Potential zur neuen Prüderie zu
werden, die Frauen heilig spricht und Männer zu Triebtätern
erklärt. Beides ist einfach nicht wahr.
Selbstverletzung – immer wieder höre und spreche ich mit
Frauen, die sich selbst verletzen, weil sie ihre Rolle im
Beziehungszirkus der Pubertät nicht finden. Und ich kenne
selbstverletzende Verhaltensweisen an mir selbst bis ins hohe
Alter. Meistens geht es dabei um den Vergleich mit anderen
Frauen, die vermeintlich die guten Kerle abkriegen – äh wie
noch mal genau?
Ich spreche mit jungen Frauen, die sich im Vergleich mit
Influencerinnen, die voller Schminke von inneren Werten reden,
nicht wohl fühlen. Und ich kenne Frauen, die ernsthaft
Frauenratgebern glauben, die uns erklären, wie wir gute
Beziehungen herstellen.
Diese Vergleichssituationen in einer von „Jägern“ geprägten
Welt macht Frauen -nicht nur- sexuell unmündig. Frauen finden
keine Rolle, die ihrer eigenen Lust gerecht wird, ohne dabei
Männer zu (miss-) brauchen. Es gibt leider auch
Frauen, die offensiv ihren Vorteil suchen mit sexueller
Offenheit und Manipulationstechniken. Es ist die andere Seite
derselben Medaille. Machismus vom Feinsten.
Ich erlebe, wie Mädchen und Frauen wütend werden darüber und
diese Aggression auch gegen sich selbst richten. Über den Frust
von Männern sollte wohl ein Mann berichten.
Mütter, erzieht eure Töchter zu Selbstbestimmtheit und
Selbstständigkeit, dass sie sich selbst versorgen können. Väter
– erklärt euren Söhnen was Übergriffigkeit ist und was ein
gesundes Sexualleben, das verantwortlich gelebt wird mit
Partnerinnen.
Und liebe junge und alte Menschen, hört nicht auf Hollywood und
Liebeskitsch.
Glückshormone gehören zu gutem Sex und manche Verliebtheit ist
einfach nur der Austausch von Glückshormonen und hat so rein
gar nichts mit Beziehungsbedürfnis sondern eher mit
Suchtverhalten zu tun.
Aggressivität gibt es im außen und innen. Unterdrückte Wut und
unterdrückte Lust führen zu verletzendem Verhalten gegen sich
oder andere.
Sexuelle Befreiung braucht Schutz für einen selbst und leider
auch manchmal für andere.
Wie gelingt es sexuell befreit Beziehung zu leben und die
Nachkommenschaft wirklich für gleichberechtigte Partnerschaften
zu erziehen? Oder auch ohne Kinder sexuell befreit zu leben,
ohne andere dafür zu gebrauchen?
Dominanz und Lust
Das wird hier sehr persönlich. Ich kann keine Allgemeinplätze
von mir geben, da ich kein Facharztgespräch zu dem Thema
geführt habe und es wenig Literatur zum Thema gibt.
In meinem Leben war Lust oft verbunden mit der Sehnsucht die
Kontrolle abzugeben.
Die Sehnsucht nach einem dominanten Partner im Bett, der weiß,
wo es langgeht.
Der Jäger, der Beute macht, der Mann, der nimmt und
selbstbewusst und potent Sex ausübt.
Nicht wie im miesen Hausfrauenporno, indem Mr. Grey durch die
Liebe einer Frau, sich seine SM-Fantasien heilen lässt, auch
nicht mit demütigenden Sexualpraktiken, die einer bestimmten
Szene als Fetisch dienen. (Shades of Grey hat der Szene
wirklich nicht geholfen, sich neu zu definieren – aber das nur
am Rande.) Aber auch ohne diese Spielart des Sex bleibt ein
Verdacht:
Ich vermute, dass Männer gerne Mann sind im Bett und ihre
Potenz sehr wohl damit zusammenhängt, dass Frauen eben nicht
manipulativ es ihnen besorgen, sondern im Grunde den starken
Kerl begehren und ihn dafür lieben. Ich glaube Sex bedeutet
dann, ihm seine Männlichkeit zu lassen und im Bett sich fallen
lassen zu können und er fängt das auf. Kann sein das ist mein
Mädchenmuster, aus dem ich mich nie emanzipieren konnte.
Verzeiht mir das dann. Mir ist sehr bewusst, wie stark
Erziehung wirkt und wie ungerecht es manchem Mann gegenüber
sein kann, so zu denken.
Aber ich kenne einfach wenige Frauen, die offensiv ihre Lust
ausleben und sich dabei gut fühlen (können). Ich kenne noch
weniger Männer, die auf so etwas potent reagieren. Um im
Szenejargon zu bleiben. Selbst die offensiven Frauen spielen
die gute Domina oder Sub, die die Lage maximal heimlich
dominiert, indem sie nach alten männlichen Vorstellungsmustern
Sex inszenieren, der schließlich zugunsten der Befriedigung von
Männern ausgeht. Machtspiele der alten Art mit Dominanz
angereichert. Gibt es wirklich Frauen, die sich so wohlfühlen?
Man möge mir diese Geschichten erzählen.
Ich kenne so wenig Geschichten, in denen zwei gleichberechtigte
Partner aus reiner Lust Freude aneinander empfinden. Das Thema
Lust ausleben ist so oft verbunden mit anderen Erwartungen und
Wünschen und wird dadurch so oft missverstanden und
missbraucht.
Nicht nur, dass die Lust im Alltag abhandenkommt, ich glaube
auch auf dem Dating-Markt wird unglaublich gedealt und gelogen.
Es ist wie immer im Internet, die Klicks steigen beim Grad der
Erregung und das gilt für Männer und Frauen. Bis auf die
wenigen Ausnahmen der wirklich devoten Männer – denen ihr
Fetisch unbenommen bleiben soll – spielen Allmachtphantasien
von Männern eine unheimliche Rolle im Sexleben vieler
Paare.
Manches mal gedrosselt durch die Erziehung des pubertären
Jungen, der gelernt hat, dass eine Erektion nicht zum Recht
führt, seinen Samen in oder auf die nächste Frau zu
streuen.
Aber im Grunde bleibt das Alphaverhalten des Samenspenders und
eine am liebsten hingebungsvolle Nehmende als Bild gelungener
Vereinigung.
Was wirklich nichts Schlimmes per se wäre, gäbe es da nicht
Tausende von Jahren eines Patriachats, indem Frauen dann in
Ehen gezwungen wurden, um die Nachkommenschaft zu sichern.
(oder eben die Hure wurden.)
Gäbe es da nicht eine Bewegung von Frauen, die nicht mehr
angewiesen sind auf die Versorgung durch einen Mann nach
Sexualität mit Folgen.
Gäbe es da nicht eine sexuelle Offenheit in freier Wildbahn,
die zu selbstverletzendem und grenzüberschreitenden Verhalten
führen kann.
Freie Wildbahn oder ein neues Zuhause
definieren.
Ich vermisse ein gutes Bauchgefühl
für jede emanzipierte Frau, deren Hirn denken kann, deren
sexuelles Erleben nicht mehr an die Kinderfrage gekoppelt ist,
deren Unterleib durchaus lustvoll reagiert auf Reize. Und
seltsamerweise sind es nicht immer die liebevollen,
rührseligen, sanften und kitschigen Gefühle, die der Mann einer
Frau entgegenbringt, die bei Frauen zu Lust auf
leidenschaftlichen Sex führen.
Begehren und Leidenschaft sind starke Momente, die gelebt
werden wollen, ohne dass Frauen die Errungenschaften der
emanzipatorischen Sichtweisen über Bord werfen müssen.
Viele Männer halten Feministinnen für sexfeindlich. Ich kann
euch Alphatieren nur sagen, lasst die Dominanz da wo sie
hingehört – im lustvollen Augenblick, der nichts über die
Qualität einer gleichberechtigten Partnerschaft aussagen kann
und soll.
Sich so einander anzunähern, als Verführer und Hingebungsvolle,
als Verführerin und Hingebungsvoller – als Menschen, die ihre
Lust kennen, ihre Erregungsmomente nicht für den Kopf sondern
für den Unterleib nutzen können und dabei ihr Herz füreinander
spüren, ob lebenslang oder nur für eine Nacht. Das wäre mir
dann ziemlich egal, so etwas wäre ein gutes Bauchgefühl.
Das wäre eine Begegnung, in der ich sagen würde: Mein Bauch
gehört uns und dein Bauch auch und fühlt sich das nicht
fantastisch an? Zuhause sein beieinander – lustvoll und sicher
– wenn auch nur für eine Nacht.
Alles weitere überlassen wir Beziehungsdiskussionen, die sicher
nicht im erregten Zustand herbeigeführt werden sollten. Sondern
sexuell befreit unter Partnern, die sich verständigen über ihre
Lebensform, die sie frei wählen.
(Die Elternschaft ist eine Lebensform, die anderen Gesetzen
folgt. Wie schade, dass wir Sexualität und Elternschaft immer
noch, wie zu Urzeiten machtvoll verknüpfen.)
Ich wünsche mir andere Erfahrungen und Rollen, damit die
Frauenbewegung endlich die sexuelle Befreiung wieder in guten
Beziehungen leben kann, ohne sich dabei aufzugeben.
Unsere Bäuche werden es uns danken.